Digitale Schließsysteme: Heimstaden setzt umstrittene Maßnahmen fort

Laut aktuellen Informationen plant der Immobilienkonzern Heimstaden die Installation von digitalen Schließsystemen für die in seinem Besitz befindlichen Wohnungen (iLOQ signs global agreement with heimstaden). Damit setzt Heimstaden die umstrittenen Maßnahmen des Immobilien-Unternehmens Akelius fort…

Akelius hatte damit bereits begonnen, aber im Dezember 2021 alle Wohnungen in Berlin und Hamburg an Heimstaden verkauft (Der Schlüssel zu Datenschutz – Privatsphäre – Sicherheit – Umweltschutz ist analog)

Unter Heimstaden soll ein Schließsystem von der Firma iLOQ zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um ein Schlüsselmanagementsystem, mit dem sich die digitalen Schlüssel einer großen Anzahl von Wohnungen zentral verwalten lassen. Dies bedeutet, dass vom Vermieter per Mausklick Wohnungszugänge neu angelegt und gesperrt werden. Das System protokolliert außerdem, wann, welches Schloss mit welchem Schlüssel geöffnet wird. Der Vermieter hat also die komplette Übersicht, Kontrolle und den unmittelbaren Zugriff per Distanz auf unsere Wohnungstüren.

Wir als Stop-Heimstaden-Vernetzung lehnen die Einrichtung einen solch tiefgreifenden Eingriffs in unseren Wohnraum ab.

Vermieter begründen den Einsatz von digitalen Schließsystemen gern mit dem Einsparen von Personalkosten und einem angeblichen Mehrwert für uns Mieter*innen, durch die Vereinfachung von Abläufen. Jedoch überwiegen für uns Mieter*innen die Nachteile deutlich gegenüber den Vorteilen. Aus den Gründen des Schutzes unserer Privatsphäre und des Datenschutzes, der voraussichtlichen Modernisierungsumlage auf uns Mieter*innen, eventuellen Problemen mit der Zuverlässigkeit, verminderter Sicherheit sowie unnötigem Ressourceneinsatz, lehnen wir den Einsatz von digitalen Schließsystemen (wie z.B. iLOQ oder KIWI) in unseren Wohnungen ab.

Unsere Kritik im Detail:

Datenschutz & Privatsphäre

Durch den Einsatz eines zentral verwalteten Schließsystems fällt eine schiere Menge an sensiblen Daten an, die außer für den Betrieb des digitalen Schließsystems keinen weiteren Nutzen haben. Daten, die durch eine digitale Schlüsselanlage anfallen sind unter Anderem: Wer hält sich wann, mit wem in der Wohnung auf, wer verlässt wann die Wohnung und wann kommt diese Person wieder zurück. Mit Hilfe dieser Informationen lassen sich Rückschlüsse auf die Lebensweise und -gestaltung ziehen. Dieses bietet ein hohes Missbrauchspotential. Zum Einen könnte Heimstaden die Daten für eigene Zwecke aus- und verwerten und so das Verhalten ihrer Mieter*innen analysieren. Zum Anderen besteht die potentielle Gefahr, dass Dritte Zugriff auf diese Daten erhalten.
Wie begründet unsere Kritik und unsere Sorgen sind, zeigt das aktuelle umfangreiche Datenleck in den Niederlanden. Dabei wurden vermutlich umfangreich sehr sensible und private Daten von Heimstaden-Mieter*innen gestohlen. (https://heimstaden.com/nl/blog/nieuws/wees-alert-op-pogingen-tot-fraude-na-cyberaanval-op-softwareleverancier/).

Der einzige effektive Schutz, dass unsere sensiblen Daten nicht in die Hände von Unbefugten gelangen und von diesen missbräuchlich verwendet werden, ist, diese erst gar nicht zu erheben!

Kosten

Ein Ziel der Installation eines solchen Schlüsselmanagementsystems für unsere Wohnungen ist für Heimstaden Verwaltungskosten zu minimieren und dadurch den Profit zu steigern. Doch die Bereitstellung eines solchen Systems ist auch mit Kosten verbunden. Beispielsweise muss die nötige Hardware beschafft und in den Häusern und Wohnungen in Betrieb genommen werden. Es ist zu befürchten, dass Heimstaden diese Kosten auf uns Mieter*innen umlegen wird. Die Erfahrung, dass diese Sorge nicht unbegründet ist, konnten die ehemaligen Mieter der Akelius Wohnungen bereits machen. In den Verträgen dieses Vermieters ist unter der Kategorie „folgende sonstige Betriebskosten“ der Punkt „Kosten für die Nutzung eines schlüssellosen Türzugangssystems“ aufgeführt.

Zuverlässigkeit

Elektronische Schließsysteme, wie die von iLOQ oder KIWI sind von ihrem Aufbau um ein vielfaches komplexer als ein gewöhnliches Zylinderschloss. Je größer die Komplexität von einem System ist, desto fehleranfälliger ist es auch. Bei einem Schloss ist jedoch Zuverlässigkeit eine der wichtigsten Eigenschaften. Es ist also nicht sinnvoll die Komplexität eines Türschlosses unnötig zu erhöhen.

Sicherheit

Regelmäßig werden Sicherheitslücken in digitalen Systemen entdeckt, sie sind nicht ausreichend gegen unautorisierten Zugriff abgesichert oder solche Systeme werden erfolgreich gehackt. Es ist unmöglich vorauszusehen, in welcher Form ein potentieller Angreifer den Zugriff auf eine Schlüsselverwaltung für ungefähr 20.000 Wohnungen ausnutzen würde. Die Vorstellung, dass ein Unbefugter möglicherweise Zugänge für eine Anzahl von Wohnungen dieser Größenordnung kontrollieren könnte, ist äußerst beunruhigend.

Nachhaltigkeit

Die Umrüstung der aktuellen gewöhnlichen Zylinderschlösser unserer Wohnungen durch das neue System von iLOQ ist mit einem erheblichen Ressourcenaufwand verbunden. Zum Einen müssen die Schlösser an sich austauscht werden, was bei ca. 20.000 Wohnungen, die sich im Besitz von Heimstaden befinden, schon alleine eine erhebliche Menge an Materialien benötigt. Dazu kommt jedoch noch zusätzliche Hardware, die benötigt wird, damit die elektronischen Schlösser auch mit aktuellen Informationen aus dem Internet versorgt werden können, z.B. welche Schlüssel für welche Schlösser sie Zugang gewähren sollen.